Für einen Fan des großen Volkswagen ganz schlimme Nachrichten machen seit gestern die Runde: In Dresden wurden die Mitarbeiter der Gläsernen Manufaktur darüber informiert, dass es keine neue Produktion in der Vorzeigefabrik geben wird. Der VW Phaeton wurde seit 2002 in dem schicken, von Architekt Günther Henn geplanten Glaspalast gebaut; nach 13 Jahren geht seine Zeit nun zu Ende.
In den Augen der Fachwelt war die Gläserne Manufaktur – mehr als das Auto, das in ihr entstand – ein höchst gelungenes Marketinginstrument. Das in unmittelbarer Nähe zur barocken Innenstadt von Dresden gelegene Fabrikgelände bildet die Nordwestecke des Parks Großer Gartens; südöstlich davor liegt das Areal des Botanischen Gartens. Vor der Erbauung hat es viele Diskussionen um die Lage gegeben, denn vor allem Umweltschützer protestierten.
Gläserne Manufaktur setzt Maßstäbe
Doch mit dem Logistiksystem, das die Fracht per Straßenbahn zur Manufaktur brachte, setzte VW erneut einen Maßstab in der modernen Fertigung hochklassiger Automobile: Nur die Karosserien aus Mosel / Zwickau werden per Lastwagen geliefert; alle anderen Teile per Cargo Tram. Der Kunde und auch jeder andere Fan erhielten mit Eröffnung die Gelegenheit, die transparente Autofabrik sowie die Fertigung der Luxuslimousine Phaeton live miterleben zu können. Vom Schaufenster des Karosserielagers über die hellen, atelierartigen Fertigungsräume bis hin zum Fahrzeugzylinder – in dem die fertigen Phaeton auf ihre Auslieferung warten – ist die Herstellung des Phaeton auch von außen erlebbar. Das luxuriöse Ambiente entspricht dem Anspruch des Phaeton, dient aber auch dem Wohlbefinden der rund 800 Mitarbeiter: Glas und Parkett, wohin das Auge schaut.
Technische Ausstattung vom Feinsten
Bereiche, in denen Kunden den Phaeton in gediegener Atmosphäre konfigurieren und übernehmen können, sind dort ebenso eingerichtet worden wie ein Shop mit exklusiv nur dort erhältlichen Modellautos des VW Phaeton im Maßstab 1:43; eines davon zeigen wir auf dem obersten Foto rechts zu diesem Beitrag. Statt eines Fließbandes erfolgt die Montage auf Drehhubtischen und dem sogenannten Dresdner Gehänge, einer von der TU Dresden eigens für die Manufaktur entwickelten Elektrohängebahn. Blendfreie Leuchten, die so gesteuert sind, dass Vögel und der seltene Juchtenkäfer nicht irritiert werden, sorgen für angenehmes Licht. Eine unterirdische Teststrecke bildet Kopfsteinpflaster, Querrillen und Extremduschen für Dichtigkeitsprüfungen nach.Die Fachwelt jedenfalls war begeistert: nie zuvor wurde die Fertigung eines Automobils so inszeniert.
Aus für das Marketinginstrument
Die Gläserne Manufaktur machte somit in der Welt von sich reden; sie war und ist Marketing der Extraklasse. Doch jetzt ist Schluss. Mitte März 2016 läuft der letzte Phaeton vom Band; sein längst fertiger Nachfolger wird ein Opfer des Abgasskandals, wegen dem Volkswagen sparen muss. Dass der Phaeton sich die Basis mit den Bentley Continental Flying Spur, dem GT und dem Cabrio GTC teilte und in der Wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung besser abschnitt, als landläufig an Stammtischen zu hören ist, wird vergessen. Ein nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals angeregter Elektro-Phaeton kommt nicht vor 2020, so dass der von Volkswagen bestätigte Umbau der Manufaktur kaum als inhaltvolle Ansage gewertet werden kann. Für Veranstaltungen und Auslieferungen werden 100 Mitarbeiter in der Manufaktur bleiben; die anderen sollen in Zwickau eingesetzt werden.
Die Gläserne Manufaktur in Zahlen
Das dazugehörige Grundstück ist 81.210 Quadratmeter groß. Auf den Logistikhof entfallen 16.300 Quadratmeter. Das Gebäude ist 147 Meter lang und ebenso breit. Die Höhe des Hauptbaukörpers beträgt 24,90 Meter. Die Bruttogeschossfläche beläuft sich auf 81.600 Quadratmeter. Das Karosserielager misst in der Höhe 29 Meter, der Länge 65,50 und der Tiefe 9,70 Meter. Der Fahrzeugzylinder ist 39,90 Meter hoch und beherbergt bei einem Durchmesser von 30,02 Metern 300 Fahrzeuge. Die Tiefgarage bietet 290 Stellplätze auf 2 Ebenen. Die Autos entstehen auf 58 Schuppen über zwei Etagen; jede Schuppe bietet 63 Quadratmeter auf einer Gesamtlänge von 522 Metern. Die Glasfassaden messen 26.700 Quadratmeter; 19.000 Quadratmeter Parkett (Eiche und Ahorn) sind verlegt. Motorvision hat die Manufaktur im oben eingebetteten Video vorgestellt.
Modellautos vom VW Phaeton
Im Jahr 2002 waren es Minichamps im Maßstab 1:43, Wiking in 1:87 und AutoArt in der Baugröße 1:18, die die Modellautos zum Volkswagen-Flaggschiff herausgebracht haben. Mit der wohl größten Modellpflege in 2011 erhielt der Phaeton ein neues Gesicht; Minichamps brachte dazu ein Modell, das nie im Fachhandel erhältlich war und nur in der Gläsernen Manufaktur zu haben war und ist.
Die fast aktuelle Generation verkleinert Kyosho in den Maßstab 1:18; nur die Chromumrandung unter der Stoßstange vorne vollzieht dieses Modell noch nicht nach. Dennoch gilt, dass das Modellauto von Kyosho bis ins letzte Detail, bis hin zum Filzboden, zu den Details im Motorraum wie auch zu denen von Armaturenbrett mit zu den besten Automodellen gehört, die es gibt. Bald jedoch werden sie nicht mehr zu haben und Geschichte sein – wie der beste VW, den es jemals gegeben hat.